Beisungur Benojewskij (1794–1861)
Beisungur und sein Mitkämpfer Soltamurad stammen aus Benoi, der Hochburg des Widerstands gegen die russischen Eroberer. Von Jugend an nahmen sie an allen Schlachten teil und riefen die Tschetschenen zum Kampf auf. Nach der Niederlage 1839 in Achulgo floh Schamil nach Benoi und fand im Hause Beisungurs Aufnahme und Schutz. Es ist Beisungurs Ansehen und Einfluss zu verdanken, dass der Aware Schamil zum Imam Tschetscheniens gewählt wurde.
Mit dem Aufruf zum Ghasavat (Heiliger Krieg) erhoben sich Tschetschenien und Dagestan gemeinsam gegen die russischen Eroberer. Beisungur wurde von Schamil zum Naib (Kommandeur) des Gebietes Benoi bestimmt, Soltamurad zu seinem Stellvertreter. Beisungur und Soltamurad nahmen 1842 teil an der Umzingelung und Vernichtung der Truppen unter General Grabbe und 1845 an der siegreichen Schlacht gegen die Truppen General Woronzows, in der mehr als 3000 russische Soldaten und Offiziere den Tod fanden. Doch der Preis für diese Siege war hoch, viele Kämpfer fielen. Beisungur verlor den linken Arm und das linke Auge. Bei der Verteidigung des Dorfes Gergebil wurde ihm von einer Kanonenkugel das linke Bein abgerissen. Er geriet in russische Gefangenschaft.
Soltamurad gelang es, bei einem Transport Beisungur frei zu kaufen. Kaum geheilt von den Wunden, mit einem Lederriemen an den Sattel gebunden, nahm der einäugige, einarmige, einbeinige Beisungur teil an der Verteidigung des Dorfes Salto.
Bereits zu Lebzeiten rankten sich um ihn Legenden. Als sich ein Kosakenheer und die Truppen Schamils gegenüberstehen, fordert ein starker Kosak zum Zweikampf heraus. Beisungur meldet sich sofort und reitet auf ihn los. Als er mit einer Wunde in der Brust zurückkommt, fragt Schamil aufgebracht: „Was ist mit dir los, warum bringst du Schande über uns. Du bist verwundet, der Kosak sitzt im Sattel“ Beisungur antwortet: „Warte, bis sich das Pferd bewegt!“ Als das Pferd einen Schritt macht, rollt der Kopf des Kosaken zu Boden…
Als 1859 die zaristischen Truppen in einer Stärke von 240.000 Mann gegen Schamil zogen, fielen immer mehr Naibe von Schamil ab. Außer Benoi war ganz Tschetschenien von den zaristischen Truppen eingenommen. Beisungur begleitete Schamil nach Dagestan, wo er an seiner Seite stand als die Festung Gunib, die letzte Bastion Schamils, belagert wurde. Als Schamil sich ergab und aus der Festung ging, rief Beisungur ihn an: „Schemal!“ – den Namen des Imams, Schamil, auszusprechen war ungehörig. Doch Schamil wandte sich nicht um. Er wusste, dass ihn dann die tödliche Kugel treffen würde, um seinen Namen vor Schande zu bewahren. Als Schamil im Auftrag des Zaren Beisungur in einem Brief aufforderte, den Widerstand aufzugeben, antwortete Beisungur: „Du hast den Kampf für die Freiheit eingetauscht gegen ein Leben in Gefangenschaft und Knechtschaft. Ich werde bis an mein Lebensende für die Freiheit meines Volkes kämpfen!“
Noch einmal gelang es Beisungur und Soltamurad 1860/61 einen Aufstand zu organisieren, doch er wurde blutig niedergeschlagen. Am 17. Februar 1861 geriet Beisungur in einen Hinterhalt, wurde gefangen genommen und zum Tode durch Erhängen verurteilt. Auf dem Platz vor der Kirche in Chasaw-Jurt waren Hunderte Kaukasier versammelt, die das Totengebet Jasin murmelten. Die Trommelwirbel wurden unterbrochen, das Urteil verlesen. Die zaristischen Henker wollten die Kaukasier erniedrigen und riefen herausfordernd in die Menge, einer solle sich melden und das Urteil vollstrecken, er würde dafür belohnt. Nach langem Schweigen meldete sich ein Dagestaner, der wahrscheinlich zuvor dafür geworben worden war. Doch ehe es dazu kam, sprang Beisungur selbst vom Schemel in die Unsterblichkeit…
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