EGMR verurteilt Russland zur Zahlung von 150.000 Euro
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hat Russland eine Geldstrafe in Höhe von € 150.000 verhängt aufgrund ethnisch motivierter Gewaltanwendung gegen tschetschenische Zivilisten in den Jahren 2002 und 2006 in der Kurgan-Region in Russland.
Hier sind die Pressemitteilungen:
EUROPÄISCHER GERICHTSHOF FÜR MENSCHENRECHTE
Pressemitteilung
ECHR 197 (2014)
03.07.2014
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat heute die folgenden zwei Urteile schriftlich bekanntgegeben.
Amadayev gegen Russland (Nr. 18114/06)
Antayev und andere gegen Russland (Nr. 37966/07)
Beide Fälle betrafen die Anwendung von Gewalt gegen Menschen tschetschenischen Ursprungs im russischen Kurgan.
Der Beschwerdeführer im ersten Fall ist Zhanar-Ali Amadayev, ein tschetschenischer Bürger, der 1965 geboren wurde und in Chastoozerye lebt – ein Bezirk im Kurgan-Gebiet (Russland). Er wurde am 18. Mai 2002 vor seinem Haus von einer Gruppe mit bis zu 15 Männern angegriffen. Die Männer schossen mit einem Luftgewehr in beide Knien, verursachten Brüche, schlugen ihn mit Baseball-Schlägern und brachen seinen Arm. Eine Untersuchung zum Angriff wurde sofort eingeleitet. Bis Ende Juni 2002 verhörte man ein Dutzend Zeugen. Danach fanden zwei Gegenüberstellungen statt, der Tatort wurde inspiziert und Herr Amadayev sowie ein weiteres Opfer wurden medizinisch untersucht. Die Untersuchung wurde jedoch im August 2002 eingestellt, da es nicht gelang, die Täter dieses Angriffs zu ermitteln. Seit August 2011 wurden vermutlich keine weiteren Schritte zur Untersuchung eingeleitet.
Unter Berufung auf Artikel 3 (Verbot der unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung) führte Herr Amadayev insbesondere an, dass trotz seiner vorausgegangenen Warnhinweise über möglicherweise bevorstehende ethnische Gewaltereignisse es die russischen Behörden versäumten, den Angriff zu verhindern. Er behauptete auch mit Berufung auf Artikel 38 (Verpflichtung der Vertragsparteien, alle zur wirksamen Durchführung der Ermittlungen erforderlichen Erleichterungen zu gewähren), dass die russische Regierung es versäumt hatte, Abschriften von Zusatzdokumenten für die Untersuchungsakte seines Falls vorzulegen.
Die Beschwerdeführer im zweiten Fall sind zwei Familien, Antayev und Vashayev, zehn tschetschenische Staatsangehörige, geboren zwischen 1936 und 1992 und wohnhaft im Bezirk Vargashinskiy im Kurgan-Gebiet (Russland). Acht Beschwerdeführer behaupten, dass sie durch die Polizei geschlagen und verletzt wurden, dies geschah während der Hausdurchsuchungen am 24. März 2006 im Anschluss an einen Kampf, an dem zwei Mitglieder der Familien Antayev und Vashayev beteiligt waren. Sie führen ebenfalls an, dass die Polizei sie während der Durchsuchungen mit rassistischen Äußerungen beschimpfte. Die Strafverfolgungsbehörden leiteten einen Monat nach den Durchsuchungen kriminelle Ermittlungen zu den Behauptungen der Beschwerdeführer ein. Die Untersuchung wurde seitdem ausgesetzt, mehrmals wiedereröffnet und ist zurzeit noch anhängig, da es sich als unmöglich erwiesen hat, die Polizisten zu ermitteln, welche die Beschwerdeführer mutmaßlich misshandelt hatten.
Unter Berufung auf Artikel 3 (Verbot der Folter und der unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung) und Artikel 13 (Recht auf wirksame Beschwerde) führten 8 Beschwerdeführer an, dass sie durch die Polizei misshandelt wurden und die anschließende Untersuchung zu ihren Anschuldigungen rechtsunwirksam war. Die anderen zwei Beschwerdeführer beklagen den Schmerz, den sie als Zeugen bei der Misshandlung ihrer Familien ertragen mussten.
Die Beschwerdeführer im zweiten Fall beriefen sich ebenfalls auf Artikel 14 (Diskriminierungsverbot) in Verbindung mit Artikel 3 (Verbot der Folter und der unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung) und behaupten, dass die Gewaltvorfälle gegen sie rassistisch motiviert waren und die Behörden es versäumt haben, die Anschuldigungen näher zu untersuchen.
– Im Fall von Amadayev:
Verletzung von Artikel 3 – Hier hat der Staat seine diesbezüglichen positiven Verpflichtungen nicht erfüllt.
Keine Verletzung von Artikel 38
Gerechte Entschädigung: € 20.000 (immaterieller Schaden) und € 2.500 (Kosten und Auslagen)
– Im Fall von Antayev und andere:
Verletzung von Artikel 3 (unmenschliche und erniedrigende Behandlung) – in Bezug auf die ersten bis sechsten und neunten Beschwerdeführer.
Verletzung von Artikel 3 (Folter) – in Bezug auf den achten Beschwerdeführer.
Keine Verletzung von Artikel 3 (Behandlung und Ermittlung) – in Bezug auf die siebten und zehnten Beschwerdeführer.
Verletzung von Artikel 14 in Verbindung mit Artikel 3 (Behandlung und Ermittlung) – in Bezug auf die ersten bis sechsten, achten und neunten Beschwerdeführer
Keine Verletzung von Artikel 14 in Verbindung mit Artikel 3 – in Bezug auf die siebten und zehnten Beschwerdeführer
Gerechte Entschädigung: € 15.000 jeweils an die ersten bis sechsten und neunten Beschwerdeführer (immaterieller Schaden), € 20.000 an den achten Beschwerdeführer (immaterieller Schaden) und € 3.000 insgesamt an die ersten bis sechsten, achten und neunten Beschwerdeführer (Kosten und Auslagen).
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