Erzählungen aus Tschetschenien
Erzählungen aus Tschetschenien. Schreiben im Krieg – Schreiben ĂĽber den Krieg
Autor: Musa Achmadow
Verlag: Kitab Verlag; Auflage: 1. Aufl. (8. November 2006)
ISBN-10: 3902005912
ISBN-13: 978-3902005915
331 Seiten
Die Erzählungen der zeitgenössischen tschetschenischen Autoren spiegeln erlebte und erlittene Zeitgeschichte. Immer wiederkehrendes Motiv ist der Krieg: der Vaterländische Krieg von 1941-1945, in dessen Verlauf die Tsche-tschenen 1944 auf Stalins Befehl kollektiv nach Kasachstan deportiert wurden, vor allem aber die Kriege von heute, der erste (1994-1996) und der zweite, seit 1999 andauernde Tschetschenien-Krieg, gekennzeichnet durch Gewalttaten, Sittenzerfall, schmutzige Geschäfte und die drohende Vernichtung eines Volkes. Sultan Jaschurkaews Erzählungen Sina und Die Kartoffeln sind in die Zeit der Deportation und des Exils in Kasachstan verlegt – darĂĽber zu schreiben war bis zur Perestroika verboten. Raffung verschiedener Zeitebenen und asso-ziative Ăśberblendungen werden häufig verwendet, um historische BezĂĽge sichtbar zu machen. Deutlich zu erkennen ist dies in der Erzählung Und die Kerze brannte im Wind von Musa Achmadow und in Maschar AĂŻdamirowas Erzählung Die verspätete Kugel, die beschreibt, wie ein tschetschenischer Veteran aus dem Zweiten Weltkrieg schliesslich von russischen Söldnern gnadenlos als Bandit umgebracht wird. Dschambulat Idiews Der Heiratsantrag nimmt das kaukasische Märchenmotiv vom Menschen fressenden Drachen auf. Die Erzäh-lung zeigt den Widerstand einer traditionsbewussten Gesellschaft gegen ihre eigenen Vertreter, die, um selbst zu ĂĽberleben, mit den Besatzern kollaborieren. Idiew thematisiert auch den aufkeimenden Islamismus, in welchem ein Teil der jĂĽngeren Generation die einzige Perspektive sieht. Die Autoren prangern die herrschende Moral- und Rechtlosigkeit ebenso an wie die speziell die Zivilbevölkerung aufs härteste treffenden Repressionen, insbesondere die berĂĽchtigten Säuberungen (Maschar Aidamirowa: Die Sat-schistka, Musa Beksultanow: Die Spur der Spinne im Sand). Das Spektrum der Themenkreise reicht vom kollektiven Leiden, das die Beziehung zu den Russen und zu Russland in Frage stellt, bis zu inti.
Pressestimmen
Tschetschenische und russische Autoren berichten erstmals in deutscher Sprache ĂĽber den verdrängten Konflikt Tschetschenien ist seit 12 Jahren wieder Kriegsschauplatz. Jetzt wenden sich tschetschenische und russische Autoren an die Ă–ffentlichkeit … In der Anthologie … kommen erstmals in deutscher Sprache Stimmen zu Wort, welche die vielen Formen der Gewalt schildern, deren Opfer sie selber sind: Säuberungen durch Soldaten und Söldner, Belagerung ganzer Dörfer, Verhaftung von Männern von 12 bis 60, Vergewaltigungen, PlĂĽnderungen. Besonders eindrĂĽcklich sind die Texte, die aufzeigen, wie komplex der Konflikt geworden ist. Im Heiratsantrag des Drachen berichtet Dschambulat Idiew ĂĽber den Widerstand einer traditionsbewussten Gesellschaft ge-gen ihre eigenen Vertreter, die, um selbst zu ĂĽberleben, mit den Besatzern kollaborieren. Auch der aufkeimende Islamismus wird thematisiert, der fĂĽr die im Krieg aufgewachsene Jugend oft die einzige Hoffnung darstellt. Dass neben den tschetsche-nischen Autoren auch zwei russische Stimmen zu Wort kommen, gibt der Anthologie eine besondere Spannung. Der Traum des Soldaten …von Arkadi Babtschenko …spricht fĂĽr die Hunderttausenden von Russen, die seit 1994 durch die Hölle von Tschetschenien gegangen sind. …Der Russe Wladimir Kiwerezki …fĂĽhrte al Biologe in der Umgebung von Tschernobyl Recherchen durch,…setzt sich fĂĽr Menschenrechte und gegen den Krieg ein. Kiwerezkis Text Es waren einmal Leute erzählt von einem Veteranen, der in Tschetschenien beide Beine verloren hat. … Auch die Auto-ren der Anthologie setzen ein mutiges Zeichen. Sie zeigen, dass zwischen Tschetschenen und Russen kein unĂĽberwindlicher Graben besteht. Das Buch öffnet ihnen einen Weg aus dem schatten eines Konflikts, der vor dem Hintergrund des so ge-nannten Krieges gegen den internationalen Terrorismus oft verdrängt wird. Roman Berger in: Tages-Anzeiger ZĂĽrich, 7.11.2006, 49 (Tages-Anzeiger ZĂĽrich)
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