Archivdokumente

Alte Artikel, Präsentationen, Vorträge, Reden mit Bezug zu Tschetschenien.

Bücherregal

Informationen über Bücher mit Bezug zu Tschetschenien und den Tschetschenen.

Gedichte

Gedichte über das tschetschenische Volk sowie Gedichte von sehr berühmten Tschetschenen

Lyrics

Songtexte von sehr berühmten, tschetschenischen Liedern abrufen, hören und downloaden.

Tschetschenische Kultur

Artikel, Materialien und vieles mehr zur tschetschenischen Kultur.

Home » Nachrichten

Ruslan Kutaevs letzte Rede vor dem Scheingericht

Bereitgestellt von am Monday, 14 July 2014.    357 views Kein Kommentar
Ruslan Kutaevs letzte Rede vor dem Scheingericht

Ruslan Kutaev, Präsident der Versammlung der kaukasischen Nationen, wurde mit fingierten Beweisen zu vier Jahren Haft in einer allgemeinen Strafkolonie verurteilt – aus einem einzigen Grund: er hatte eine wissenschaftliche Konferenz in Grosny einberufen, anlässlich des 70. Jahrestags der Deportation der tschetschenischen und inguschischen Völker nach Sibirien und Zentralasien – auf Befehl vom damaligen Sowjetführer Josef Stalin.

Ein Scheingericht im von Russland besetzten Tschetschenien, das über keinerlei legale Rechte verfügt, einen Prozess zu führen, hat ihn in ein Todeslager geschickt. Dennoch stellte sich Ruslan Kutaev würdevoll diesem Urteil und nahm sie mit seinen Worten an. Hier ist Ruslan Kutaevs letzte Rede vor den Mitgliedern des Scheingerichts:

“In den 4 Monaten hinter Gittern hatte ich ausreichend Zeit, um mein Leben zu analysieren. Ich bin fast 60 Jahre alt, aber ich würde gerne über eine Episode meines Lebens reden und erklären, weshalb ich es mit dem heutigen Prozess in Verbindung bringe. Es war das Jahr 1982, ich war noch Student am Chemisch-Technologischen Institut Iwanowo, wo wir eine Party der Völkerfreundschaft feierten. Auf der Party der Völker führte die UdSSR ihre Errungenschaften vor. Die Moldauer und die Georgier präsentierten ihre Weine, Armenier ihren Cognac, Kabardiner ihre Rosse, Turkmenen zeigten ebenfalls ihre Rassenpferde und so weiter. Und alle warteten mit großen Darbietungen auf.

Als ich allein vorging, um meine Republik – Tschetscheno-Inguschetien – zu repräsentieren, sah mich das Publikum verwirrt an, weil meine Landsleute hinter mir keine Vorführungen boten. Ich machte ganz bewusst eine Pause und redete das Publikum an: “Liebe Freunde! Heute und hier sprechen wir über unsere Errungenschaften. Auch wir haben sie, aber da es hier um die größten Errungenschaften geht, die äußerst vertraut, stark, respektabel und ehrwürdig sind, bin ich vorgegangen und stehe vor euch, um das Beste an uns Tschetschenen vorzuführen. Das bin ich, ich selbst, ein Tschetschene – die einzige Nation der UdSSR, die nie erobert worden ist, die einzige Nation, die niemals Prinzen und Khane, Verbeugungen, Könige oder Sultane gehabt hat. Und ich stehe hier vor Ihnen – ein Vertreter der freien Tschetscheno-Inguschischen Nation.”

Das Publikum applaudierte im Stehen, da sie mich kannten. Sie wussten, dass ich ein Freund bin, dass ich nie verrate und immer da bin. Damals war ich, euer Ehren, 23 Jahre alt. Seitdem ist sehr viel Zeit vergangen, mehr als 30 Jahre. Ich war genetisch schon immer stolz darauf und rühmte mich sogar ein bisschen damit, dass ich ein Tschetschene bin, denn für mich ist es ein Synonym für Freiheit, eine unglaublich klare Auffassung von Gerechtigkeit und Ehre. In meiner Rolle als Veteran, reich an Erfahrung, eine Persönlichkeit des öffentlichen Lebens, Politiker und Philosoph, stehe ich hier in diesem Käfig und wiederhole: Ich bin ein freier Tschetschene. Es gibt niemanden, bei dem ich mich für meinen Verrat entschuldigen kann. Ich habe viele Freunde – hier, in diesem Gerichtssaal und außerhalb – da sind meine Freunde, meine Schule-Freunde, die, mit denen ich am Institut studierte und in der Armee diente – Freunde aus allen Ländern der ehemaligen UdSSR. Sie alle unterstützen mich, weil ich sie niemals verriet und niemals meine Standpunkte änderte.

Ich kann nachvollziehen, dass unruhige Zeiten in der Geschichte aller Nationen vorkommen. Zu meinem großen Bedauern erlebt meine Republik aktuell genau diese unruhigen Zeiten. Und in schwierigen Zeiten muss einer für seine Haltung zahlen, deshalb bin ich jetzt hier.

Euer Ehren! Abschließend möchte ich gerne folgendes sagen:

Erstens bin ich Ihnen dankbar. Sie haben meinen Angehörigen immer die Möglichkeit gegeben, mich zu sehen. Vielen Dank.

Zweitens – wenn Sie mich in diesem Gerichtssaal freisprechen, werde ich nicht überrascht sein, denn ich bin unschuldig. Wenn Sie mich für eine gewisse Zeit verurteilen, werde ich nicht überrascht sein, denn ein Tschetschene zu sein, ein Mann von Ehre, ehrlich und fair, dafür muss man heute einen hohen Preis zahlen, deshalb werde ich jede Entscheidung von Ihnen gelassen hinnehmen.”

©Waynakh Online

RECHTLICHER HINWEIS
Alle Rechte sind vorbehalten. Die Vervielfältigung oder Verbreitung von Materialien und Inhalten (einschließlich Teilauszügen von Nachrichten, Artikeln, Übersetzungen) aus den Waynakh Online Webseiten ist untersagt. Die Wiedergabe mit Quellenangabe und einem aktiven Link ist vorbehaltlich anders lautender Bestimmungen gestattet.

Teilen Sie uns Ihre Meinung mit!

Schreiben Sie einen Kommentar oder erzeugen Sie einen trackback zu Ihrer eigenen Seite. Sie können die Kommentare zu diesem Beitrag auch subscribe to these comments via RSS.

Bitte bleiben Sie höflich. Seien Sie ehrlich. Keine Off-Topic-Beiträge. Kein Spam.

You can use these tags:
<a href="" title=""> <abbr title=""> <acronym title=""> <b> <blockquote cite=""> <cite> <code> <del datetime=""> <em> <i> <q cite=""> <s> <strike> <strong>

This is a Gravatar-enabled weblog. To get your own globally-recognized-avatar, please register at Gravatar.